Die Reise zu sich selbst

“Werden wir plötzlich, mitten im Leben stehend, von Krankheiten und Leid heimgesucht, verengen sich die Lebensräume, verdüstert sich die Hoffnung, das tragende Fundament unseres Lebens, gleitet die Diagnostik der herrschaftlichen Medizin ins Ungefähre, so ist die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) oft jenes Licht, das uns im langen, dunklen Tunnel entgegenleuchtet.

TCM ist längst bei uns viel mehr als ein Hoffnungsschimmer. Sie ist zur festen Burg für viele Kranke geworden, deren Hoffnung auf Genesung schwindet, für Menschen, die chronisch krank sind. Für sie ist die TCM ein Zufluchtsort, eine Methode, die wieder Hoffnung schafft.

Aber Menschen sind nicht nur entweder gesund oder krank. Wir alle finden uns im Laufe unseres Lebens an verschiedenen Stellen des fließenden Kontinuums von Gesundheit und Krankheit wieder. So ist die TCM nicht nur Hoffnung für Menschen, die schwer erkrankt sind, sondern auch Unterstützung für jene, die den Wunsch nach Harmonisierung von Körper, Seele und Geist haben. Erst im Einklang mit Körper, Seele und Geist eröffnet sich für uns die Quelle zu unseren verdeckten Ressourcen.

Wir sind als Menschen immer im Wandel, sind inneren und äußeren Veränderungen ausgesetzt und eingespannt in eine innere Polarität. Wir sind blockiert und offen, liebend und einsam, erfolgreich und erfolglos zur selben Zeit auf unterschiedlichen Ebenen unseres Seins. Yin und Yang gälte es für uns im harmonischen Gleichgewicht zu halten. Diese Prozesse begleiten uns ein Leben lang.

Geraten Yin und Yang in ein Missverhältnis zueinander, äußert sich das als Krankheit, als Störung in unserem ganzheitlichen Befinden. Diese Krise dürfen wir dann als Wandlungsbeginn verstehen und nutzen. Im Chinesischen ist die “Krise” Gefahr und Gelegenheit zugleich, Gelegenheit als Chance auf persönliches Wachstum innerhalb unseres Krankheits- und Gesundungskontinuums. Die TCM verhilft uns zur nötigen Wachheit für diese inneren Prozesse, um aus dem Leid auszusteigen und die Chance auf Veränderung zu erkennen.

Die Diagnostik der allopathischen Medizin wird immer mehr zum digitalen Ereignis. Ganz anders in der Traditionellen Chinesischen Medizin, in der die Begegnung von Arzt und Patient im Mittelpunkt steht. Hier wird der Patient als Mensch gesehen, gehört, berührt und verstanden. Zwischen dem behandelnden Arzt und dem Patient entsteht ein Prozess, in dem der Patient zu verstehen beginnt, was in ihm tatsächlich vor sich geht: Er lernt das harmonische Zusammenspiel von Körper, Seele und Geist. Diese belebende Erfahrung ermöglicht es einem, die Verantwortung für die eigene Genesung zu übernehmen. Das ist die hohe Kunst des TCM-Arztes, diesen Prozess in Gang zu setzen.”

Werner Lampert im September 2017